Kotwasser

Kotwasser oder anders „freies Wasser“

Eines den zweithäufigsten Problemen, mit denen ich derzeit konfrontiert werde, ist das Kotwasser.
Genau genommen ist Kotwasser kein „Wasser“, sondern in den meisten Fällen ein braunes Gemisch aus mehreren meist sauren Flüssigkeiten wie Gallenflüssigkeit, Lymphflüssigkeit und vielem mehr, welche sich im Laufe der Verdauung nicht resorbieren, sondern im Darm bis zum Austritt über den After mitgetragen bzw. mitgeschoben werden. In schweren Fällen wird es schwallweise ausgeschieden. Es kann ganzjährig, saisonal oder nur phasenweise auftreten.
Der Unterschied zu Durchfall ist, dass der Kot der Pferde, welche Kotwasser anzeigen, ebenfalls etwas weicher ist. Klar abgrenzen sollte man es aber dennoch von richtigem Durchfall.
Da es überwiegend eine Wohlstandserkrankung ist, dass das Kotwasser in der Ätiologie noch nicht ausreichend untersucht, man findet erst seit einigen Jahren überhaupt Beschreibungen in der Literatur darüber. Man geht von einer fütterungs- und haltungsbedingten Ursache aus, allerdings ist das bis heute nicht richtig abschließend geklärt. Stress ist ein häufiger Faktor, der aber auch durch Blähungen verursacht werden kann, nicht immer ist Stress in der Herde oder Turniere usw gemeint.
Als weitere Auslöser gelten Heulage oder silierte Produkte und somit das Ansäuern des Darmmilieus, durch das Einschleppen großer Mengen an Milchsäurebakterien.
Zu große Kraftfuttermahlzeiten sowie Kraftfutter mit schwer verdaulichen Stärkeanteilen, die in den Dickdarm gelangen und dort Fehlgärungen auslösen können oder große Mengen von Kohlenhydraten (thermisch aufgeschlossenes Getreide wie Getreideflocken oder Getreidepops bswp. Mais) welche die Fermentierung im Magen unphysiologisch stark anregen.
Große Mengen von Pektinen wie Äpfel, Möhren oder Rübenschnitzel. Pektine werden im Dickdarm von Protozoen und Hefen abgebaut, welchen den pH-Wert absenken. Zu viele Pektine senken somit zu stark den pH-Wert. Das führt ebenfalls zu Fehlgärungen.
Gehäckseltes Raufutter, Raufutter muss mindestens eine Faserlänge von 8cm haben, sonst wird es nicht ausreichend gekauft, besser ist noch ein wenig länger. Die meisten Müslis enthalten Gehäckseltes von ca 4cm, sodass diese nicht gründlich zerkaut in den Dickdarm gelangen und verlangsamen dort die Darmpassagen, es kommt auch hier zu Fehlgärungen.
Wie oben schon geschrieben, ganz abschließend ist das Thema noch nicht geklärt aber sehr oft haben die Pferde ein saures Dickdarmmilieu, davon ausgehend sind diverse Theorien über die Entstehung entwickelt worden. Wenn man davon ausgeht, dass der Dickdarm ein saures Milieu besitzt, resultieren daraus über die Zeit eine Entzündung der Darmschleimhaut, vor allem im letzten Abschnitt der Darmpassage. Das führt zur Entstehung mikroskopisch kleiner Läsionen der Darmschleimhaut, durch die dann die Lymphflüssigkeit im Darm fließt. Eine andere medizinische Theorie ist, dass es zunächst zu einer Störung der Darmschleimhaut kommt, bspw. durch stressbedingte Mangeldurchblutung. Dien Entzündungen führen zu einem gestörten Wasserresoptionsverhalten zu einer Verringerung der Bicarbonat- und Phosphatpufferproduktion der Dickdarmschleimhaut. Nach dieser Theorie ist das Kotwasser im Darm also verbliebenes Wasser und nicht zurückgesickerte Lymphe. Man könnte auch überlegen ob es Mischformen der zwei Theorien gibt, da die Fehlgärungsprozesse häufig zu Gasentwicklung und somit lokaler Aufblähung des Dickdarms führen, was am Ende die Peristaltik stört und schmerzhaft sein kann, was wieder zu Stress führt. Wie man sieht, es ist noch viel Forschungsarbeit nötig, um das Mysterium vollständig zu verstehen.
Es gibt verschiedene Therapieformen von medizinischen, über alternative wie auch alimentäre Maßnahmen. Nicht immer führen sie gleich zum Erfolg, manchmal bedarf es mehrere Anläufe und Konsequenz des Besitzers wie auch Zeit. Ein Zeitraum von 6 Monaten ist nicht ungewöhnlich. Leider ist meine Erfahrung, dass es hier den Besitzern häufig an Geduld fehlt. Wenn es in 2 Wochen nicht weg ist, wird mit der Therapie leider häufig aufgehört oder es erfolgt keine konsequente Einhaltung der Umstellung. Das ist dann meist nicht erfolgsversprechend .. leider ist es aber oft ein längerer Prozess, bei dem auch wirklich konsequentes Handeln gefordert ist oder eben der Tierarzt oder Therapeut auch das ein oder andere Mal erneut den Therapieplan umstellen muss. Oft höre ich „das hilft alles nichts, habe ich mal 2 oder 3 Wochen gegeben, hat nichts gebracht“
Ja leider helfen diese 2 oder 3 auch wirklich nicht und weiter geht das Problem für unsere Pferde.
Bitte liebe Besitzer, habt Geduld und vor allem nehmt es ernst. Kotwasser wird häufig abgetan aber der gestörte Elektrolytehaushalt, der dadurch entstehen kann, ist alles andere als witzig für die Pferde.
Natürlich können auch andere Faktoren eine Rolle spielen, die man ausschließen muss, von Parasiten, Gastritis, Zahnprobleme bis hin zur schlechten Heuqualität.
Fragen zur Therapie, beantworte ich gerne im privaten, diese muss man immer individuell betrachten und anpassen..